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Die transzendentale Synthesis aus lauter Begriffen: Die reine Anschauung von Raum und Zeit als transzendentaler Inhalt der Vorstellung eines Dinges überhaupt

Wie sind die synthetischen Urteile a priori möglich? Die ganze Kritik der reinen Vernunft dreht sich darum, die Antwort dieser Frage zu finden.
     Dass diese Art von Urteilen möglich ist, zeigt die reine Mathematik und die reine Geometrie vor: "Mathematische Urteile sind insgesamt synthetisch", schreibt Kant am Anfang der Einleitung der zweiten Ausgabe der KrV, und "Geometrie ist eine Wissenschaft, welche die Eigenschaften des Raumes synthetisch und doch a priori bestimmt" (B 40). Der synthetische Charakter von diesen Erkenntnisse besteht nämlich darin, dass sie - durch eine Konstruktion2 - die einzige korrespondierende Anschauungen seines Begriffes a priori darstellen können: Beide sind nämlich synthetisch, weil sie über ihre Begriffe hinausgehen, um sich auf die reine Anschauung, damit a priori, zu beziehen. Aber obwohl uns diese Erkenntnisse aufzeigen, "dass" es synthetische Urteile a priori gibt, beweisen sie nicht "wie" diese möglich sind: Ihre Möglichkeit und damit die, der reinen Mathematik selbst, "muss" tatsächlich "in der Transzendentalphilosophie gezeigt werden" (B 761), in dem Sinne - wie es zeigen wird -, dass sie die Bedingungen der Möglichkeit des "reinen Anschauungsbezugs" a priori vorstellen muss; d.h. die reine Anschauung von Raum und Zeit.
     Das Hauptziel dieses Vortrags besteht deshalb darin aufzuzeigen, dass sich die transzendentale Philosophie, durch die "Synthesis aus lauter Begriffen", die bloße Formen der sinnlichen Anschauungen vom Raum und Zeit "als Anschauungen selbst" a priori vorstellt: Als solche, enthalten sie das reines Mannigfaltigen3, in dem nur jede Konstruktion möglich ist. Es wird nämlich gezeigt, dass gerade die synthetische Einheit dieses reinen Mannigfaltigen - die im Raum und Zeit a priori vorstellbar ist - der "transzendentalen Inhalt" unserer Vorstellung eines Dinges überhaupt ist.
     Zu diesem Zweck soll gezeigt werden, dass die Philosophie - im Gegensatz zur Mathematik - kein "einzelnes Objekt"4 in der reinen Anschauung, das die transzendentalen Allgemeinheit des Verstandesbegriffes heißen kann, darstellen darf, weil sie nur auf die konkreten und einzigartigen "Beispiele" der Erfahrung zurückgreifen muss.
     Aber dennoch ist die Philosophie nicht weniger synthetisch als die reine Mathematik, insoweit sie direkt "auf die Bedingung einer möglichen Erfahrung verweist"5: Neben der mathematischen Synthese, erkennt Kant tatsächlich auch eine transzendentale Synthesis, die "niemals mehr als ein Ding überhaupt betrifft, unter welchen Bedingungen dessen Wahrnehmung zur möglichen Erfahrung gehören könne" (B 747) an. Zweck dieser Synthesis besteht nämlich darin, ein Ding, das nur als "transzendentales" an sich gegeben sein kann, a priori darzustellen: Diesem Objekt müssen wir "allen Umfang und Zusammenhang unserer möglichen Wahrnehmungen zuschreiben" (B 523) können, damit sie als Erfahrungsobjekte anerkannt werden können. Dafür muss das transzendentale Objekt, das der logischen Form nach nichts anderes als die bloße Vorstellung eines Dinges überhaupt ist, auch einen eigenen Inhalt haben. Dieser Inhalt muss - das ist hier die Hauptthese - immer nur sinnlichen und doch a priori sein: Er muss nämlich einer transzendentalen Inhalt sein. "Derselbe Verstand also, und zwar durch eben dieselben Handlungen, wodurch er in Begriffen, vermittelst der analytischen Einheit, die logische Form eines Urteils zu Stande brachte, bringt auch, vermittelst der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen in der Anschauung überhaupt, in seine Vorstellungen einen transzendentalen Inhalt [...]. (B 105) Es wird sich tatsächlich zeigen, durch spezifische Passage des kantischen Korpus - d.h. einen Brief an J.S. Beck, einige Reflexionen zur Metaphysik (1790-1804), und bestimmte Handschriftlichendes Opus Postumum -, dass gerade die reine Anschauungen vom Raum und Zeit den transzendentalen Inhalt unserer Begriffe eines Gegenstandes überhaupt bilden.

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2 "(...) Zur Konstruktion eines Begriffs wird also eine nicht empirische Anschauung erfordert, die folglich, als Anschauung, ein einzelnes Objekt ist, aber nichts desto weniger (...) Allgemeingültigkeit für alle mögliche Anschauungen, die unter denselben Begriff gehören, in der Vorstellung ausdrücken muß" (B 741).
3 "Raum und Zeit sind nicht bloß als Formen der sinnlichen Anschauung, sondern als Anschauungen selbst (die ein Mannigfaltiges enthalten), also mit der Bestimmung der Einheit dieses Mannigfaltigen in ihnen a priori vorgestellt" (B 160).
4 In der Mathematik: "Die einzelne hingezeichnete Figur ist empirisch, und dient gleichwohl, den Begriff,unbeschadet seiner Allgemeinheit, auszudrücken, weil bei dieser empirischen Anschauung immer nur auf die Handlung der Konstruktion des Begriffs (...) gesehen" (A 714/ B 742).
5 A. Ferrarin, Com'è possibile comprendere i giudizi sintetici a priori? ETS, Pisa, 2011, 88.

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